Gewürzquitten mit Vanilleeis
Nun ist er bei mir gelandet, der schöne Teller, den Petra vom Blog Foodfreak im Mai 2013 auf Reisen geschickt hat. Unter dem Motto «ETgaR – Ein Teller geht auf Reisen» ist dieses edle Porzellanteil von Hamburg kreuz und quer durch Deutschland geschickt worden und hatte im Oktober mit dem Tessinerli die Schweizer Grenze überschritten. Zu mir kam er dann von Löffelchen voll Zucker. Gar Köstliches wurde im Laufe der 19 Monate auf dem Teller angerichtet, eine Übersicht der bisherigen Rezepte findet man auch auf Pinterest, die Spielregeln für ETgaR hier.
Ich hatte noch vier Quitten da, die ich unbedingt zu etwas verarbeiten musste/wollte. Aber Quittenmarmelade oder -gelee… naja… ich steh da nicht sooo drauf. Habe da irgendwie ungute Kindheitserinnerungen.
Es musste in den Herbstferien so um 1976 rum gewesen sein. In der Früh war’s draussen neblig, doch der Nebel löste sich jeweils so gegen 11 Uhr vormittags auf und dann war eitel Sonnenschein. Ich mochte dieses Wetter. Ich mochte Herbstferien. Erst ein bisschen im Bett rumlümmeln, dann aufstehen, damit man pünktlich um 9.30 Uhr an der Quartier-Strassenecke war. Denn dann kam der Milchmann mit seinem alten, klapprigen VW-Bus und wir Kinder durften jeweils mit auf die Tour.
Bei uns hatten die Briefkästen einen sogenannten Milchkasten. Also heute heisst das Teil Paketfach; aber da früher kaum Pakete gekommen sind, hat man in dieses Fach in der Früh ein «Milchkesseli» (Milcheimerchen) reingestellt und in den Deckel desselben das abgezählte Geld. Ein Liter Vollmilch kostete damals so um die Fr. 1.07. Jedenfalls gab es noch die kupfrigen Ein- und Zweirappenstücke. Wenn wir mit dem Milchmann auf Tour waren, sind wir aus dem VW-Bus gesprungen, haben aus den Milchkästen die Milchkesseli geholt und mussten dem Milchmann dann anhand des abgezählten Geldes vorrechnen, wieviel Milch er in das Kesseli füllen soll. Manchmal lag auch noch ein Zettel mit dabei, wenn die Hausfrau nicht nur Milch, sondern auch Joghurt, Butter und Käse wollte. Manche haben kein Geld in das Kesseli gelegt. Dann durften wird die Gesamtsumme in das Milchbüchlein, welches an einer Schnur von der Bus-Decke baumelte, eintragen. Ende Monat wurde dann abgerechnet. An den Abrechnungstagen dauerte die Tour dann fast doppelt so lange, weil die ganzen Hausfrauen ihre Monatsrechnungen begleichen mussten, was natürlich immer auch noch mit einem Schwatz verbunden war. Wir Kinder fanden diese Schwatzereien ungemein spannend – vor unseren Ohren und Lästermäulern war nichts sicher 😉
Nun denn… wie gesagt, Herbstferien 1976. Ich hatte gerade so schön Pläne geschmiedet, wie diese aussehen sollten. Vormittags jeweils mit dem Milchmann auf Tour, Nachmittags dann mit dem alten Leiterwagen des Nachbarn Zigeuner spielen, auf dem Spielplatz das Laub der vier grossen Nussbäume zu einem grossen Haufen unter den einen Nussbaum schichten, auf den Baum klettern und in den Laubhaufen springen und all so ein Zeugs. Leider machte mir mein Vater bereits am ersten Ferientag einen Strich durch die Rechnung. Schleppte der doch tatsächlich zwei Wäschezainen und einen Zinnzuber voll mit Quitten an. Geschenkt gekriegt von einer Frau aus dem Dorf: «Kinder, die werden geschält und das Kerngehäuse entfernt, damit eure Mutter Marmelade und Gelee kochen kann.» Ohhhhhh nein!!!! Ist der Kerl denn nicht ganz geputzt? Was war denn mit unserer Milchmanntour, mit den Leiterwagenfahrten, mit dem Laubhaufen? 50 kg Quitten… kleine, schwache, zarte Kinderhände… der tickt doch nicht richtig! Ich war sooooooo sauer. Man muss sich auch vorstellen, ich war grosse Schwester. Das heisst, meine drei Jahre jüngere Schwester war nicht wirklich eine Hilfe bei diesen Quitten.
So sassen wir am Dienstag bereits in der Früh bewaffnet mit Brotmessern (als Sägen durchaus tauglich) am Küchentisch und säbelten an den steinharten, gelben Früchten rum. Wir haben uns fast eine Hand abgemacht und am Mittag waren noch nicht wirklich viele Quitten geputzt. Nach dem Mittagessen – meine Mutter war am Nachmittag ausser Haus – ging es weiter mit der Säblerei… bis meine Schwester – sie war manchmal doch zu was zu gebrauchen 😉 – eine grandiose Idee hatte. Schnell stellten wir einen alten Klapptisch an die Strasse, stellten die Quittenkörbe drauf und malten ein grosses Schild. Darauf stand: «ZU VERSCHENKEN – NEHMEN SIE ALLE MIT!» …und dann ab auf den Spielplatz!
Als meine Mutter nach Hause kam, war die Hälfte der Quitten weg. Die andere Hälfte mussten wir aber leider doch noch putzen – mir ist jedoch jahrelang der Appetit auf Quittenmarmelade und -gelee vergangen. Einzig diese Gewürzquitten vermögen mich zu begeistern.
Rezept (als Dessert für 8 Personen)
4 Quitten
3 dl Weisswein
50 bis 70 g Zucker
1 Zimtstange
3 Sternanis
7 Pimentkörner
5 Gewürznelken
5 Zimtblüten
1 kleine unbehandelte Zitrone
Quitten schälen, vierteln und Kerngehäuse entfernen. Die Zitrone in acht Schnitze schneiden.
Weisswein mit Zucker und sämtlichen Gewürzen zusammen aufkochen und gute 15 Minuten sirupartig einköcheln lassen. Zitronenschnitze und die Quittenviertel beifügen. Quitten ca. 15 Minuten weich kochen und anschliessend den Topf vom Herd nehmen. Quitten im Sud auskühlen lassen.
Die Quittenviertel in feine Schnitze schneiden zusammen mit Vanilleeis anrichten und mit dem Gewürzsud übergiessen.
Tipp: Kann auch mit Äpfel oder im Sommer mit Pfirsichen zubereitet werden. Hingegen ist dann natürlich die Kochzeit wesentlich kürzer.
Und nun geht der Teller weiter auf Reisen. Lasst euch überraschen.
Gewürzquitten
Eine wunderbare Art, Quitten zu verarbeiten und haltbar zu machen.
Zutaten
- 4 Quitten
- 3 dl Weisswein
- 50 bis 70 g Zucker
- 1 Zimtstange
- 3 Sternanis
- 7 Pimentkörner
- 5 Gewürznelken
- 5 Zimtblüten
- 1 kleine unbehandelte Zitrone
So wird's gemacht
Quitten schälen, vierteln und Kerngehäuse entfernen. Die Zitrone in acht Schnitze schneiden.
Weisswein mit Zucker und sämtlichen Gewürzen zusammen aufkochen und gute 15 Minuten sirupartig einköcheln lassen. Zitronenschnitze und die Quittenviertel beifügen. Quitten ca. 15 Minuten weich kochen und anschliessend den Topf vom Herd nehmen. Quitten im Sud auskühlen lassen.
Die Quittenviertel in feine Schnitze schneiden zusammen mit Vanilleeis anrichten und mit dem Gewürzsud übergiessen.
Tipp: Kann auch mit Äpfel oder im Sommer mit Pfirsichen zubereitet werden. Hingegen ist dann natürlich die Kochzeit wesentlich kürzer.
Die Quitten können so auch dicht in Gläser gefüllt werden, mit Sud bis 2 cm unter den Rand aufgegossen werden. Gläser verschliessen und bei 150 Grad im Backofen sterilisieren.
Petra aka Cascabel
9. Dezember 2014 at 17:58Hihi, was für eine Geschichte, klasse! Und ich bewundere die perfekte Eiskugel auf dem schönen Quittenteller, den ich ja auch schon mal bestücken durfte.
So einen Milchkasten gab's übrigens vor unserem Haus im Tessin früher auch, ich erinnere mich noch gut daran. Ein Milchkännchen steht noch im Keller….
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:08Irgendwann hat die Post angefangen, Normen für Briefkästen vorzuschreiben. Das war das Ende des Milchkastens. Denn in die genormten Kästen ging kein Milchkesseli mehr rein.
Foodfreak
9. Dezember 2014 at 18:15Bildhübsch, tolle Quittenblüte, die du da gelegt hast – danke für's Mitspielen!
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:09Gern geschehen – war mir eine Freude 🙂
Bonjour Alsace
9. Dezember 2014 at 19:59Wenn das Federvieh in Kindheitserinnerungen schwelgt und solche wundervolle Geschichten "von früher" erzählt, finde ich sogar Süsskram gut. Das hast du schön gemacht, liebes Huhn, sowohl die Geschichte als auch das Anrichten auf dem Teller. Und Petra hat recht – die Eiskugel ist perfekt geformt, wie hast du das denn gemacht?
(pssst: ich weiss, wohin der Teller als nächstes geht 😉 )
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:10Ich habe das Eis 20 Minuten vor dem Servieren aus dem Tiefkühler genommen. Den Eisportionierer in siedend heisses Wasser getaucht und dann eine Eiskugel geformt. Also eigentlich ganz normal. Die werden bei mir immer so 🙂
MizThreefivesix
9. Dezember 2014 at 23:23Kinderarbeit in der Schweiz – noch so ein Skandal! Aber ihr seid perfekt ausgebüxt. Der Teller ist schön, und so elegant belegt. Diese Eiskugel….
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:12Genau… Kinderarbeit. Ich war als Kind auch der Meinung, dass ich viel zu viel arbeiten musste. Aber wenn ich gemeckert habe, kam der Standardspruch: «Ihr wisst gar nicht, was Arbeit heisst… als wir Kinder waren…» 😉
Anonym
10. Dezember 2014 at 08:00Du weißt schon, dass du irgendwann einmal ein Buch schreiben musst, oder? 🙂
Milchkästen gab es bei uns nicht, wir mussten sie immer direkt beim Bauern abholen, auch eine Form der "Kinderarbeit", aber von Quitten wurden wir zum Glück verschont. 😉
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:13Ein Buch? Ochnöööö… man kann ja die ganzen Stories hier nachlesen. Das reicht.
Susanne
10. Dezember 2014 at 09:00So ein schöner Teller! Wie hast Du bloß die Eiskugel so akkurat hingekriegt?
Und so eine schöne Geschichte! Mein Kindheitstrauma übrigens sind Johannisbeeren – kiloweise musste ich sie jeden Sommer von den Büschen pflücken und die Beeren von den Rispen lösen. Heute noch bin ich nicht wirklich für Johannisbeeren zu begeistern…
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:15Achja, Johannisbeeren… kiloweise. Und Waldhimbeeren pflücken… auch kiloweise. Und Brombeeren – ebenfalls im Wald, die ganz kleinen… kiloweise. Und wehe, man hat gemotzt. Dann hiess es: «Im Winter esst ihr auch gerne Vanilleeis mit heissen Beeren.»
Anonym
10. Dezember 2014 at 10:02Kinder von damals – die wussten sich noch zu helfen (wenigstens die Cleveren) 😉
Bin gespannt wo die Tellerreise weitergeht!
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:18Vor allem wurde es uns nie langweilig. Irgend ein Erwachsener hatte immer was zu tun für uns… Leider. Da nützte manchmal auch das Clever-sein nix.
Eva
10. Dezember 2014 at 10:55Ich schließe mich meiner Namensvetterin(Kochpoetin) an = du musst ein Buch schreiben, deine Geschichten sind zu schön.
Und bis dahin mal bitte den ganzen Teller (inhalt) zu mir. 😉
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:21Weisst Du, die Urmotivation für diesen Blog war ja, die Rezepte und die Geschichten für meine Kinder irgendwo zu notieren. Dass das sonst noch jemanden überhaupt interessieren könnte, daran hatte ich gar nicht gedacht.
Tante Mali
10. Dezember 2014 at 12:54Oh, diese Tellergeschichte ist ja wundervoll und das, was jetzt drauf ist hmmmm – da läuft mir gleich das Wasser im Mund zusammen. Jetzt schau ich mal, ob mein Nachbar noch ein paar Quitten hat!!!
Danke für die Anregung und eine wundervolle Zeit
Elisabeth
Wilde Henne
10. Dezember 2014 at 20:22Bei uns gab es letzte Woche auf dem Markt noch Quitten zu kaufen. Da hatte ich noch überlegt, ob ich nochmals zugreifen soll. Mal schauen, vielleicht finde ich morgen noch ein paar. Das Küken hat schon angemeldet, dass man gerne nochmals so ein Dessert basteln könnte…
Monika
11. Dezember 2014 at 06:38Ohhh – dabei läuft mir wirklich das Wasser im Munde zusammen! So lecker, aber leider bekomme ich Quitten hier nur extrem schlecht. Ich muss gucken, ob ich bei meinem nächsten Ausflug in die Stadt noch welche ergattern kann und dann werde ich das ausprobieren!
Liebe Grüße, Monika
Wilde Henne
12. Dezember 2014 at 22:18Falls Du keine Quitten findest, mit Äpfeln funktioniert das auch sehr gut. Allerdings werden die natürlich nur kurz aufgekocht im Sud.
Wilde Henne
12. Dezember 2014 at 22:19Was denn? Und wieso klug? Und die Idee mit dem Verschenken war übrigens von meiner Schwester! 😉
Julia
1. Januar 2015 at 12:31Wie schön, dass der Teller immer noch unterwegs ist! Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr!